Experten geben Rat: Duftstoffe in Kosmetik – INCI-Angaben helfen bei der Kontaktvermeidung

Interview mit Prof. Dr. med. Johannes Geier, Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK)

Experten geben Rat: Duftstoffe in Kosmetik – INCI-Angaben helfen bei der Kontaktvermeidung

Herr Prof. Dr. Geier ist Hautarzt und leitet das Institut IVDK (Informationsverbund Dermatologischer Kliniken). Diese Institution dient der Erfassung und wissenschaftlichen Auswertung von Kontaktallergien. Die Zentrale des Projektes wurde an der Universitätsmedizin Göttingen eingerichtet. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kooperieren 55 Hautkliniken im IVDK, das vor allem als epidemiologisches Überwachungssystem dient. Durch fortlaufendes Monitoring werden Daten ermittelt, die für die Prävention der Kontaktallergien erforderlich sind.

haut.de: Herr Professor Geier, können Sie ungefähr einschätzen, wie viele Menschen in Deutschland an einer Duftstoff-Allergie leiden?

Prof. Geier: Einer großen Europäischen Studie zufolge leiden etwa 2% der Bevölkerung an einer Kontaktallergie gegen mindestens einen Duftstoff, wobei Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Wenn wir Daten von Patienten aus Hautkliniken, die im Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK) erfasst werden, auf die Allgemeinbevölkerung extrapolieren, kommen wir zu ähnlichen Ergebnissen. Demnach wären in Deutschland etwa 1,6 Mio. Menschen betroffen. Man muss allerdings einräumen, dass alle diese Daten mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind, und man möglicher Weise die Häufigkeit überschätzt. Ich halte es für realistisch, von ca. 1 Mio. Menschen mit einer Duftstoff-Allergie in Deutschland auszugehen.

haut.de: Welche ärztlichen Möglichkeiten zur Diagnostik bestehen, um eine Duftstoff-Allergie zu erkennen?

Prof. Geier: Bei Verdacht auf eine Duftstoff-Allergie wird ein Epikutantest durchgeführt. Dabei werden die verdächtigen Allergene in standardisierter Form für zwei Tage in kleinen Kammern mit einem Pflaster auf der Haut am Rücken fixiert. Man beobachtet, ob sich eine Reaktion mit Rötung und Entzündung der Haut, also ein Ekzem, im Testfeld ausbildet. Für die orientierende Untersuchung bieten sich die beiden Duftstoff-Mixe an, die zusammen 14 Duftstoffe beinhalten. Dies ist jedoch nur der Anfang der Diagnostik. Insgesamt stehen uns nicht nur die 26 seit 2005 deklarationspflichtigen Duftstoffe für die Allergietestung zur Verfügung, sondern darüber hinaus noch weitere Testallergene, darunter auch etherische Öle.

haut.de: Was sagt ein Epikutantest aus und was verbirgt sich konkret hinter den Bezeichnungen „Duftstoff-Mix I / Duftstoff-Mix II“, die der Betroffene in seinem Allergie-Pass nach ärztlicher Testung vorfindet?

Prof. Geier: Bei einer positiven Testreaktion auf einen Duftstoff-Mix ist es zwingend erforderlich, die einzelnen Bestandteile des Mixes nachzutesten. Nur dann kann man genau, sagen, worauf der Betroffene allergisch reagiert. Der Duftstoff-Mix I enthält alpha-Amylzimtaldehyd (Amyl cinnamal), Eichenmoos absolue (Evernia prunastri), Eugenol, Geraniol, Hydroxycitronellal, Isoeugenol, Zimtaldehyd (Cinnamal) und Zimtalkohol (Cinnamyl alcohol). Im Duftstoff-Mix II sind Citral, Citronellol, Coumarin, Farnesol, alpha-Hexylzimtaldehyd (Hexylcinnamal) und Hydroxyisohexyl 3-cyclohexene carboxaldehyde enthalten. Da viele Patienten gegen mehrere Duftstoffe sensibilisiert sind, sollte man im Verdachtsfall aber nicht nur die Aufschlüsselung der Mixe, sondern gleich noch weitere Allergene aus diesem Bereich (siehe oben) testen.

haut.de: Wäre aus Ihrer Expertensicht eine App hilfreich, die explizit über „Duftstoff-Mix (I + II) informiert, wenn diese Stoffe in einem kosmetischen Produkt vorhanden sind.

Prof. Geier: Die INCI-Bezeichnungen der Duftstoffe sind zum Teil recht kompliziert. Nicht jeder ist in der Lage, z.B. Hydroxyisohexyl 3-cyclohexene carboxaldehyde sicher auf einer Verpackung zu identifizieren. Zudem decken sich die von den Ärzten benutzten und in die Allergiepässe eingetragenen Bezeichnungen der Duftstoffe nicht immer genau den INCI-Bezeichnungen. Daher wäre eine solche App eine große Hilfe für die Betroffenen; sie sollte allerdings nach Möglichkeit nicht nur die 14 Duftstoffe der beiden Mixen enthalten, sondern alle 26 deklarationspflichtigen Duftstoffe. Wenn die Duftstoff-Allergiker ihre Allergene nur einmal eingeben müssen, und die App sie dann beim Einkauf informiert bzw. warnt, gibt das Sicherheit und kann unerwünschte Reaktionen verhindern.

Herzlichen Dank für das Interview!

Quelle: haut.de

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