Cremes und Pasten für die Mundhöhle
Zahnmedizinische Fachgesellschaften bestätigen seit langem, dass neben den mechanischen Hilfsmitteln (Zahnbürsten, Zahnseide und Zahnzwischenraumbürsten) auch eine fluoridhaltige Zahnpasta zur effektiven Mundhygiene gehört. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigt, dass der Kariesrückgang in den Industrienationen vorwiegend auf die weit verbreitete Verwendung von fluoridhaltigen Zahnpasten zurückzuführen ist. Während Zahnpasten früher ausschließlich die Aufgabe hatten, einerseits die Plaqueentfernung durch die Zahnbürste zu unterstützen und andererseits Mundgeruch zu verringern, sind moderne Zahnpasten heute zusätzlich Träger für wirksame Inhaltsstoffe zur Kariesprophylaxe, zur Verringerung von Zahnsteinneubildung und zur Vorbeugung der Entstehung von Zahnfleischerkrankungen. Sie können außerdem helfen, überempfindlichen Zähnen Linderung zu verschaffen. Durch den Gehalt an Putzkörpern und Tensiden wird der Zahnbelag angelöst und zerkleinert und damit die Plaque entfernende mechanische Wirkung der Zahnbürste unterstützt. Zur Prophylaxe von Zahn- und Zahnbetterkrankungen sind häufig karieshemmende Fluoridverbindungen und andere, dem Schutz von Zahn und Zahnfleisch dienende Stoffe enthalten.
Fluoride
Bereits ab etwa 1900 wurde mit der gezielten Suche nach Stoffen zur Eindämmung von Karies und Zahnfleischentzündungen begonnen. Etwa dreißig Jahre später, 1931, wurde die Wirkung der Fluoride entdeckt. Um ihre regelmäßige und wirksame Anwendung sicherzustellen, wurden sie den Zahnpflegemitteln hinzugefügt. Heute spielen Fluoride eine zentrale Rolle bei den Anti-Karies-Stoffen, Zahnpflegemittel mit Fluoridzusatz sind inzwischen Standard. Der Rückgang von Karies in Deutschland über alle Altersgruppen und soziale Schichten hinweg wird beispielsweise maßgeblich auf die weite Verbreitung und Nutzung von fluoridhaltigen Zahnpasten zurückgeführt. Fluoride sind Salze, die überall in der Natur vorkommen. Allerdings reicht die Menge an Fluoridsalzen im Trinkwasser – meist weniger als 0,25 Milligramm pro Liter – zur Kariesprophylaxe nicht aus. Deshalb werden Zahnpflegemitteln synthetische Fluorverbindungen zugesetzt. Der Einsatz von Fluorid-Inhaltsstoffen ist in Europa durch die EG-Kosmetik-Richtlinie und die entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften geregelt. Sie begrenzen die maximale Einsatzkonzentration auf 1500 ppm (mg/kg), um die toxikologische Sicherheit der Produkte für den Verbraucher zu gewährleisten. Die meisten marktüblichen Zahnpasten enthalten zwischen 1000 und 1500 ppm Fluorid. Der Fluoridgehalt aller Zahnpasten sollte auf der Verpackung angegeben werden, optimalerweise in ppm Fluorid, gerundet auf die nächsten 50 ppm-Schritte. Wie bei allen wirksamen Inhaltsstoffen kommt es auch bei Fluoriden auf die richtige Dosierung an. Fluoride werden über Lebensmittel, fluoridhaltiges Speisesalz, Trinkwasser und durch fluoridhaltige Zahnpasta aufgenommen. Die Wirksamkeit fluoridierter Mundpflegeprodukte für die Zahngesundheit ist wissenschaftlich nachgewiesen. Viele große klinische Studien belegen, dass die regelmäßige Verwendung fluoridhaltiger Zahncremes das Kariesrisiko um 20 bis 40 Prozent reduziert. In Einzelfällen kann der Effekt sogar wesentlich höher liegen. Durch zusätzliche Maßnahmen, wie die Anwendung konzentrierter Fluoridgelées, die Einnahme von Fluorid-Tabletten im Kindesalter, regelmäßige Spülungen mit fluorid-haltigen Mundspül-Lösungen oder die Verwendung von fluoridiertem Speisesalz, lässt sich die Kariesrate zusätzlich verringern. Welche Kombination dieser Anwendungen jeweils empfehlenswert ist, richtet sich nach den regionalen Gegebenheiten, zum Beispiel dem Fluoridgehalt des Trinkwassers, und den individuellen Lebensumständen. Gesundheitsbehörden und Zahnärzte geben zu den lokal-regionalen Bedingungen Auskunft.
Die Funktionsweise von Fluorid
Die Bakterien des Zahnbelags haben einen typischen Stoffwechsel: Sie vergären insbesondere Zucker zu Säure. Diese Säure greift den Zahnschmelz an und entzieht ihm u.a. Calcium und Phosphat. Dieser Prozess heißt Demineralisation. Der Zahnschmelz wird weich und nach einer gewissen Zeit erscheint auf dem Zahnschmelz ein weißer Punkt, der so genannte Kreidefleck. Wird er größer und bricht die aufgeweichte Oberflächenschicht ein, entsteht ein Loch – die Karies. An diesem chemischen Vorgang setzt die Wirkung des Fluorid-Anions an. Fluoride lagern sich mit dem im Speichel enthaltenen Calcium und Phosphat im Zahnschmelz ein. Dieser besteht fast vollständig aus dem kristallinen Mineral Hydroxylapatit und ähnelt damit dem Calciumphosphat-Mineral Apatit. Das Zusammenspiel von Speichel und Fluoriden führt dazu, dass der wenig säureresistente Hydroxylapatit des Zahnschmelzes in den säureresistenteren Fluorapatit umgewandelt wird. Dadurch wird die Säurelöslichkeit des Zahnschmelzes nachweislich verringert. Darüber hinaus kann Fluorid die Remineralisation des Zahnschmelzes an der Schmelzoberfläche fördern. Schließlich wirkt es auch auf den Stoffwechsel der Zahnbelagsbakterien: Es hemmt deren Vergärungsaktivität und führt so zu einer verminderten Säureproduktion.
Verschiedene Fluorid-Arten
Bei der Fluoridierung von Zahnpflegemitteln zur Kariesprophylaxe kommen verschiedene Fluorid-Arten zum Einsatz. So kann das Fluorid-Anion an ein organische Amin, das anorganische Natrium oder ein anderes Kation (wie z. B. Zinn) gebunden sein. Welche Fluorid-Verbindung am besten wirkt, wird unterschiedlich beurteilt. Viele namhafte Kariesforscher vertreten jedoch die Ansicht, dass insbesondere die Bioverfügbarkeit des Fluorid-Inhaltsstoffes und seine Konzentration in der Formulierung die entscheidende Rolle spielen und dass keine Fluorid-Formulierung der anderen nachweislich überlegen ist. In vielen Zahnpflegemitteln wird das in mehrjährigen Kariestests als hochwirksam erkannte Natriumfluorid verwendet. Da es mit Calcium-Salzen schnell zu unlöslichem und unwirksamem Calciumfluorid reagiert, müssen calciumhaltige Rezepturkomponenten, zum Beispiel bestimmte Putzkörper, bei der Formulierung der Produkte vermieden werden. Enthält die Zahncreme-Formel Calcium-haltige Rezepturkomponenten, wird Dinatriummonofluorphosphat (MFP) eingesetzt. Hier ist das Fluorid im Monofluorphosphat-Anion gebunden. Durch Reaktion mit Wasser (aus dem Speichel) wird daraus das wirksame Fluorid-Ion gebildet. Die Effizienz des MFP wurde ebenfalls in vielen klinischen Untersuchungen nachgewiesen. Auch die so genannten Aminfluoride, die als Gegen-Ionen organische Ammonium-Kationen mit Tensidcharakter haben, und das Zinn(II)-fluorid sind wirksame Fluorid-Inhaltsstoffe, die zum Teil kombiniert eingesetzt werden. Neben dem Kariesschutz verfügen sie zusätzlich über eine leichte antimikrobielle Wirkung: Bakterien im Zahnbelag werden vermindert, die Neubildung von Zahnbelag wird reduziert.
Fluoridfreie Zahnpasten
Speichel ist üblicherweise mit Calcium und Phosphat gesättigt und dadurch unterstützt er nach einer oberflächlichen kurzfristigen Demineralisation die Remineralisation des Oberflächenschmelzes. Das ebenfalls im Speichel enthaltene Bicarbonat kann durch seine Pufferkapazität Säuren neutralisieren. Beispielsweise durch Fruchtsäuren und organische Säuren, die als Stoffwechselprodukte von Bakterien im Zahnbelag nach der Aufnahme von kohlenhydrathaltiger Nahrung ausgeschieden werden, kann der pH-Wert in der Mundhöhle sinken. Ab einem pH-Wert von unter ca. 5,6 beginnt die Demineralisation des Zahnschmelzes, die zu Karies führen kann. Inhaltsstoffe zur Kariesprophylaxe in fluoridfreien Zahnpasten sind zum Beispiel Natriumbicarbonat, Calciumcarbonat, Kieselerde, Hydroxylapatit, bioverfügbares Calcium und Phosphat. Diese Substanzen können zum Beispiel die Speichelproduktion anregen, Säuren neutralisieren, der Entstehung von Zahnstein vorbeugen, die Remineralisation des Zahnschmelzes fördern. Sie tragen – zusammen mit einer zahnfreundlichen Ernährung und guter Mundhygiene – sicher zur Karies-Prophylaxe bei; klinische Langzeitstudien, die die Wirksamkeit der Alternativen zu Fluorid belegen, gibt es aber bisher nicht (Stellungnahme der Deutscher Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ), Deutscher Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Februar 2018.
Putzkörper (Poliermittel, Abrasivmittel)
In allen Zahnpasten kommen Putzkörper zum Einsatz. Sie unterstützen die mechanische Reinigung der Zahnoberfläche durch die Zahnbürste. Sie entfernen Zahnbelag und polieren die Zahnoberfläche, um ein erneutes Anhaften der Beläge hinauszuzögern. Ohne Putzkörper würde sich die erforderliche Putzzeit für eine effektive, systematische Reinigung der Zähne vervielfachen. Je nach Typ und gewünschter Konsistenz des Pflegemittels werden Putzkörper in Konzentrationen von 15 bis 60 Prozent eingesetzt. Um zu verhindern, dass der Zahnschmelz oder, bei freiliegenden Zahnhälsen, das Wurzelzement bzw. das Dentin oder auch Zahnfüllungen durch Abrieb geschädigt werden, weisen die heute eingesetzten Putzkörper überwiegend kleine Korngrößen auf und sind weitgehend frei von scharfen Ecken und Kanten. Kinderzahncremes haben einen niedrigen Abrasionswert, um den noch weicheren Zahnschmelz besonders zu schützen. Putzkörper sind in der Regel wasserunlösliche anorganische Stoffe. Während früher häufig Kreide (Calciumcarbonat) eingesetzt wurde, werden heute verbreitet Kieselgele (amorphes Siliciumdioxid) eingesetzt. Diese können bei der Herstellung in ihren Eigenschaften hinsichtlich Abrasivität, Reinigungsleistung und Polierkraft breit variiert werden. Sie weisen eine geringe abrasive Wirkung bei gleichzeitig hoher Reinigungsleistung auf und sind besonders gut mit Fluorid-Inhaltsstoffen kombinierbar. Außerdem eignen sie sich für die Herstellung von Gel- und Liquidzahncremes. Darüber hinaus wird auch Natriumbicarbonat als Putzkörper eingesetzt. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft geht man davon aus, dass Natriumbicarbonat zusätzlich zum mechanischen Effekt die Plaque anlöst und „aufweicht“, damit diese leichter entfernt werden kann.