Experten geben Rat: Inhaltsstoffe kosmetischer Mittel

Interview mit Laura Gross, Leiterin Fachbereich Ernährung der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V.

Experten geben Rat: Inhaltsstoffe kosmetischer Mittel

Laura Gross leitet den Fachbereich Ernährung der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. Die Diplom-Oecotrophologin beschäftigt sich vor allem mit dem Lebensmittel- und Kennzeichnungsrecht, Lebensmittelzusatzstoffen und Nanotechnologien. Dabei begleitet sie stets die Herausforderung, komplexe Themen sachlich und informativ für Endverbraucher aufzubereiten. Im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg betreut sie www.nanoportal-bw.de.

haut.de: Frau Gross Sie haben sich intensiv mit Inhaltsstoffen kosmetischer Produkte beschäftigt. Daraus ist sogar ein spezielles Themenheft der Verbraucher-Initiative entstanden. Was sind die wichtigsten Botschaften und Einkaufstipps, die Sie Verbraucherinnen und Verbrauchern für Einkauf und Verwendung von Kosmetik mit auf den Weg geben können?

Gross: Kosmetika können zwar nicht zaubern, aber das Wohlbefinden deutlich steigern. Im Moment gibt es vermutlich für jeden das richtige Produkt – die Herausforderung besteht darin, es zu entdecken. Fragen Sie sich also, was Sie wirklich brauchen und wollen. Kosmetische Mittel bestehen zudem aus einer Vielzahl verschiedener Inhaltsstoffe und können insgesamt als sicher gelten. Doch nicht jedem Menschen ist alles angenehm und manch einer reagiert mit Unverträglichkeiten auf einzelne Zutaten. Ausprobieren und Testen sind daher sinnvoll und wichtig. Die Zutatenliste und Qualitätssiegel geben all jenen Orientierung, die besondere Ansprüche an die Zusammensetzung und die (ökologische) Qualität der Rohstoffe stellen.

haut.de: Einigen Inhaltsstoffen von kosmetischen Mitteln werden so genannte „hormonelle Wirkungen“, zum Beispiel den Parabenen, nachgesagt. Wie bewerten Sie die derzeitige Diskussion?

Frau Gross: Bisher gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Belege für die These, dass einzelne Kosmetik-Inhaltsstoffe tatsächlich als hormonelle Störer wirken. Panik halte ich daher für verfehlt. Doch für hormonähnliche Substanzen gilt: Nicht das einzelne Kosmetikum macht krank, sondern die vielen verschiedenen Produkte, mit denen die Menschen über lange Zeit immer wieder in engen Kontakt kommen. Das sind vor allem Medikamente, Kunststoffe, Pflanzenschutzmittel und eben Kosmetika. Es ist daher aus meiner Sicht gut und wichtig, ein wachsames Auge auf alle Chemikalien zu haben, die im Verdacht stehen, den Hormonhaushalt des Menschen zu stören. Regelmäßige Neubewertungen und die Suche nach geeigneten Alternativen können helfen, Mensch und Umwelt vor möglichen Langzeitwirkungen hormoneller Disruptoren zu bewahren.

haut.de: Seit Juli 2013 schreibt die Kosmetikverordnung ja vor, dass Inhaltsstoffe kosmetischer Produkte, die in Form von Nanomaterialien eingesetzt sind, entsprechend deklariert werden. Haben Sie schon Erkenntnisse gewinnen können, wie Verbraucher und Hersteller auf diese gesetzliche Neuerung reagieren?

Gross: Viele Verbraucher fragen uns, was für Verbindungen das sind, wie sie wirken, woraus sie hergestellt sind und warum sie eigentlich in Nanogröße eingesetzt werden. Sie sind meist zugleich auf der Suche nach unabhängigen Informationen über die gesundheitlichen Auswirkungen dieser Stoffe. Auf Seiten der Hersteller gibt es erfreulicherweise einige, die diese Informationen zur Verfügung stellen. Viele halten sich jedoch sehr bedeckt und begreifen die Nano-Kennzeichnung eher als ungeliebte Pflicht denn als Möglichkeit, offen über ihr Knowhow zu sprechen.

haut.de: Könnte sich nach Ihrer Einschätzung hinsichtlich der Verbraucherinformation und –aufklärung seitens der Hersteller von kosmetischen Mitteln noch etwas verbessern lassen?

Gross: Ja. Es gilt vor allem, das Informationsbedürfnis der Verbraucher ernst zu nehmen und glaubwürdig abseits von Werbung zu beantworten. Ein Beispiel: Anders als bei Lebensmitteln können Laien der Zutatenliste kosmetischer Mittel bisher kaum etwas entnehmen. Da könnten Hersteller ansetzen und der standardisierten aber unhandlichen INCI-Deklaration eine verbraucherfreundliche Datenbank zur Seite stellen, in der Interessierte mehr Informationen über die einzelnen Inhaltsstoffe, ihre Herkunft und Funktionen sowie die gesundheitliche Bewertung finden.

haut.de: In welchem Umfang und zu welchen konkreten Themen suchen Verbraucherinnen und Verbraucher im Themenkomplex „Kosmetik“ bei Ihnen Rat?

Gross: Die VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. beschäftigt sich besonders mit den Möglichkeiten des nachhaltigen Handel(n)s. Menschen, die sich an uns wenden, stellen daher vor allem Fragen zu einzelnen Inhaltsstoffen und ihrer ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Verträglichkeit. Sie wollen wissen, ob kosmetische Mittel sicher sind und woran sie Produkte erkennen, die nachweislich ohne Tierversuche sowie ökologisch und sozial verträglich hergestellt wurden. Auch die Frage, was die verschiedenen Label und Kennzeichnungen bedeuten und welche Siegel vertrauenswürdig sind, spielt immer wieder eine Rolle.

Herzlichen Dank für das Interview!
Weitere Informationen zur Verbraucher Initiative e.V. (Bundesverband): http://www.verbraucher.org/
Weitere Informationen zu Nanopartikeln: www.nanoportal-bw.de
Weitere Informationen zu Inhaltsstoffen unter: http://haut.de/service/inci

Quelle: haut.de

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