Experten geben Rat: Methylisothiazolinon als Konservierungsmittel

Interview mit Prof. Dr. Axel Schnuch, Leiter der Zentrale des "Informationsverbund Dermatologischer Kliniken" (IVDK) am Institut der Georg-August-Universität Göttingen

Experten geben Rat: Methylisothiazolinon als Konservierungsmittel

Prof. Dr. Axel Schnuch leitet die Zentrale des „Informationsverbund Dermatologischer Kliniken“ (IVDK) am Institut der Georg-August-Universität Göttingen.
www.ivdk.org/de/

Darüber hinaus ist er ordentliches Mitglied der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und der „MAK-Kommission“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Außerdem wirkt er im Ärzteausschuss für Arzneimittelsicherheit (ÄAAS) des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn mit

haut.de: Der IKW hat eine Empfehlung an die Hersteller kosmetischer Mittel veröffentlicht, wonach MIT (Methylisothiazolinon) künftig nicht mehr in Produkten, die auf der Haut verbleiben, als Konservierungsmittel eingesetzt werden sollte. Die Empfehlung basiert auf Erhebungen der Dermatologen, u.a. auch des IVDK (Informationsverbund Dermatologischer Kliniken). Wie stehen Sie zu dieser Empfehlung?

Prof. Schnuch: Es ist eines der Ziele des IVDK, eine „Statistik der Allergene“ zu führen. Dies gelingt uns, weil in regelmäßigen Abständen die Ergebnisse der Allergietestungen aus 56 Partnerkliniken in der IVDK-Zentrale eingehen, pro Jahr Daten von über 14.000 Patienten. Die Allergieraten auf MIT lagen im Jahre 2009 knapp über 1% in der Gruppe der untersuchten Patienten. Es waren besonders Angehörige von Berufen, z.B. Malern, die mit MIT-konservierten Produkten (z.B. Farben) zu tun hatten. Seit 2010 wird MIT aber vermehrt auch in Kosmetika eingesetzt. Seit dieser Zeit beobachten wir einen rasanten Anstieg der MIT-Allergien- zuletzt auf über 7% bei Frauen unseres Patientenkollektivs. Durch weitere Datenanalyse konnte gezeigt werden, dass diese Allergien durch verschiedene Kosmetika hervorgerufen wurden- und zwar durch solche, die auf der Haut verbleiben („leave-on“ Produkte), wie zum Beispiel Feuchtigkeitscremes. Angesichts der geradezu epidemie-artigen Ausbreitung der MIT-Allergie halten wir eine Begrenzung der Verwendung von MIT in Kosmetika für dringend geboten. Diese besteht darin, MIT nicht mehr in leave-on-Hautpflegeprodukten zu verwenden. Insofern begrüßen wir entsprechende Initiativen der Hersteller von Kosmetika.

haut.de: Halten Sie die Empfehlung für ausreichend oder sollte sie auch auf andere Produkte, wie etwa Shampoos ausgeweitet werden?

Prof. Schnuch: Im Hinblick auf die Gefährdung eines Konsumenten durch „Kosmetika“ ist eine Unterscheidung zwischen „leave-on“-Produkten (die also auf der Haut verbleiben) und „rinse-off“-Produkten (die also durch Wasser verdünnt und abgespült werden) erforderlich. Bei einem anderen Konservierungsstoff haben wir gezeigt, dass Allergiker in einem Gebrauchstest mit leave-on- und rinse-off-Produkten zu einem hohen Prozentsatz auf das leave-on-Produkt reagierten. Das rinse-off-Produkt wurde hingegen vertragen. Dieser Befund lässt sich auf MIT übertragen: MIT-Allergiker würden durch MIT in rinse-off-Produkten praktisch nicht gefährdet. Vor allem aber sind neue Allergien (Sensibilisierungen) gegen MIT durch rinse-off-Produkte nicht zu erwarten.

haut.de: In Bezug auf Konservierungsstoffe in kosmetischen Mitteln ist gelegentlich von allergischen Reaktionen die Rede. Welche Bedeutung haben Konservierungsstoffe in Kosmetika und wie gravierend sind allergische Reaktionen auf diese nach Ihrer Einschätzung?

Prof. Schnuch: Kosmetische Mittel können Kontaktallergien hervorrufen, die in der Regel auf ein Hautareal begrenzt sind, und gut zu therapieren sind. Es handelt sich also nicht um schwere Reaktionen (z.B. Schockreaktionen) wie sie bei anderen Allergien auftreten können. In Relation zur breiten Verwendung sind die Kontaktallergien auf Kosmetika als selten zu betrachten. Treten sie auf, dann gehören die ursächlichen Allergene der Gruppe der Konservierungsmittel oder der Gruppe der Duftstoffe an. Haarfarben in Haarfärbemitteln nehmen eine Sonderstellung ein. Im Hinblick auf die „Bedeutung“ der Allergien gegen Konservierungsmittel ist es wichtig, Unterscheidungen zu treffen: Es gibt Konservierungsmittel, die als Allergene „bedeutend“ sind (z.B. eben MIT oder das verwandte MCI/MI(Methylchloroisothiazolinone) (www.haut.de/service/inci) oder das mittlerweile verbotene Methyldibromoglutaronitril, und es gibt solche, die „unbedeutend“ sind. Beispiele wären Benzylalkohol, Benzoesäure oder die Parabene. Die Parabene sind unter Berücksichtigung von Wirksamkeit und Zahl der unerwünschten Wirkungen sogar als Konservierungsmittel der ersten Wahl anzusehen. Es führt also in die Irre, wenn man pauschal von „Allergien gegen Konservierungsmittel“ sprechen würde – genausowenig, wie „Messer“ pauschal als „gefährlich“ zu gelten haben: Was für einen Dolch gilt, gilt nicht für ein Obstmesser….

haut.de: Welche Alternativen zu MIT gibt es aus dermatologischer Sicht?

Prof. Schnuch: Auch Dermatologen sehen die Notwendigkeit der Konservierung bestimmter kosmetischer Mittel. Das Ziel ist, die Verkeimung von Produkten zu verhindern, die ja unter Umständen in einem keimfördernden, feucht-warmen Milieu (Badezimmer) aufbewahrt werden. Verkeimte Produkte sind nicht nur unästhetisch, sondern ihre Verwendung birgt unter bestimmten Bedingungen das Risiko von Hautinfektionen, zumindest bei Menschen mit verletzter Haut (z.B. Neurodermitiker). Das Ziel ist also, ein konservierendes Prinzip mit ausreichender Wirkung einzusetzen, dessen Allergierisiko andererseits möglichst gering gehalten wird. Beide Ziele werden meines Erachtens durch die Kombination verschiedener Konservierungsmittel am ehesten erreicht, so zum Beispiel die Kombination von Parabenen mit Phenoxyethanol oder mit Benzylalkohol oder mit Formaldehydabspaltern in niedriger Konzentration.

Erklärungen zu Inhaltsstoffen von kosmetischen Produkten und weitere Informationen finden Sie auf haut.de in der INCI-Datenbank: www.haut.de/service/inci

Herzlichen Dank für das Interview!
Weitere Informationen zum Informationsverbund Dermatologischer Kliniken: www.ivdk.org/de/
Weitere Informationen zu MIT und IKW: www.ikw.org/schoenheitspflege/themen/alle/was-ist-mit-methylisothiazolinon

Quelle: haut.de

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