Experten geben Rat: Parabene in Kosmetika

Interview mit Prof. Dr. med. Johannes Geier, Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK)

Experten geben Rat: Parabene in Kosmetika

Herr Prof. Dr. Geier ist Hautarzt und arbeitet beim Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK). Diese Institution dient der Erfassung und wissenschaftlichen Auswertung von Kontaktallergien. Die Zentrale des Projektes wurde an der Universitätsmedizin Göttingen eingerichtet. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kooperieren 55 Hautkliniken im IVDK.

haut.de: Herr Professor Dr. Geier, Parabene, also eine bestimmte Gruppe von Konservierungsstoffen, die in Lebensmitteln, Kosmetika und Arzneimitteln eingesetzt werden, lösen bei einigen Verbrauchern Verunsicherung aus, weil in den Medien von Gesundheitsgefährdung die Rede ist. Was sind Parabene, wie funktionieren sie?

Prof. Geier: Parabene sind als Konservierungsstoffe in kosmetischen Produkten, wie Deodorants, Duschgels und Cremes weit verbreitet. Sie verhindern wirksam, dass sich Bakterien und Pilze nach dem Öffnen der Packungen und während der Verwendung an den Produkten ansiedeln.

Kosmetische Produkte werden vorwiegend mit Methyl- und Ethylparaben konserviert. Diese Stoffe sind in der EG-Kosmetikverordnung in Konzentrationen von bis zu 0,4 Prozent zugelassen. Nach Einschätzung von Wissenschaftlern sind Ethyl- und Methylparaben gesundheitlich unbedenklich und ihre Anwendung gilt in der zugelassenen Einsatzkonzentration als sicher.

Weniger häufig werden Propyl- und Butylparaben eingesetzt. Diese Stoffe können aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung nicht abschließend bewertet werden. Deswegen empfehlen das Bundesinstitut für Risikobewertung und der Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission (SCCS) den Anteil dieser Stoffe im Produkt von 0,4 auf 0,19 Prozent zu reduzieren. In dieser Konzentration gelten auch sie als sicher.

Für die Parabene Isopropyl-, Isobutyl-, Pentyl-, Benzyl- und Phenylparaben ist die Datenlage für eine Bewertung des gesundheitlichen Risikos derzeit nicht ausreichend. Deshalb sind diese, eher selten verwendeten Parabene, als Konservierungsmittel in kosmetischen Mitteln seit Oktober 2014 in der EU nicht mehr zugelassen.

Konservierungsstoffe für kosmetische Mittel unterliegen einem Zulassungsverfahren. Das bedeutet, dass nur solche Konservierungsstoffe, die in der Kosmetik-Verordnung gelistet sind, in kosmetischen Mitteln eingesetzt werden dürfen. Dabei sind die in den Listen genannten Konzentrationsbeschränkungen, Einschränkungen und Anforderungen einzuhalten. Je nach Produkttyp werden häufig auch Kombinationen von Konservierungsstoffen verwendet, da das Wirkungsspektrum der Stoffe oftmals nicht breit genug ist, um mit nur einem Stoff alle relevanten Keime abzudecken. Hersteller achten darauf, die Konzentration der Konservierungsstoffe möglichst so gering zu wählen, dass die Konservierung eben gerade ausreichend ist, um die Mikroorganismen in ihrem Wachstum zu hemmen.

haut.de: Weshalb müssen kosmetische Produkte überhaupt konserviert werden?

Prof. Geier: Kosmetische Mittel tragen wesentlich zu Gesunderhaltung und Wohlbefinden des Menschen bei, z. B. durch Reinigung, Schutz der Haut und vieles mehr. Sind Kosmetika nicht oder nicht ausreichend gegen Verkeimung geschützt, besteht die Möglichkeit, dass sie von Mikroorganismen befallen werden. Manche dieser Bakterien, Hefen oder Pilze können Krankheiten verursachen und damit die Gesundheit des Verbrauchers beim täglichen Umgang mit den Produkten beeinträchtigen. Mikroorganismen wachsen und vermehren sich besonders gut, wenn ihnen Wasser und bestimmte andere Stoffe, wie beispielsweise Eiweiße, zur Verfügung stehen. Das Wachstum der Mikroorganismen kann zum Verderb des Produktes führen, was sich häufig in einem unangenehmen Geruch, einer Verfärbung oder einer Veränderung der Konsistenz äußert. Außerdem können einige Mikroorganismen auch Abbauprodukte bilden, die ebenfalls gesundheitsschädlich sein können.

Kosmetische Mittel sind in ungeöffnetem Zustand praktisch frei von Keimen. Der Eintrag der Mikroorganismen erfolgt in der Regel erst durch den Verbraucher selbst bei der Entnahme des Produktes. Im feuchtwarmen Badezimmer wachsen die Keime dann besonders gut. Daher ist eine Konservierung der Produkte in vielen Fällen unumgänglich, um einen mikrobiellen Verderb über den gesamten Verwendungszeitraum hinweg zu verhindern.

Konservierungsstoffe vermeiden also, dass sowohl das Produkt als auch der Verbraucher Schaden durch Keime nehmen kann. Besonders wichtig ist dieser Konservierungsschutz bei kosmetischen Produkten, die über einen hohen Wassergehalt verfügen. Bei Produkten, die primär aus reinem Öl bestehen, ist Konservierung nicht unbedingt erforderlich. Parabene sorgen also für die Haltbarkeit des Produktes und schützen vor Bakterien, die auf der Haut z.B. zu Entzündungen, zu Follikulitis, also Entzündungen an den Haarbälgen, und zu Ekzemen führen könnten.

haut.de: Welches gesundheitliche Gefährdungspotential geht aus Ihrer Sicht von Parabenen aus?

Prof. Geier: Der Einsatz von Parabenen in kosmetischen Produkten wurde in den vergangenen Jahren mit verschiedenen unerwünschten Nebenwirkungen in Verbindung gebracht. Hierbei ist von besonderer Bedeutung, dass Parabene nicht nur über Kosmetika, sondern auch über Medikamente und Nahrungsmittel in den Körper gelangen können. Parabene werden häufig wegen der Auslösung von Allergien kritisiert. Nach heutigen Erkenntnissen ist das allergene Potential von Parabenen als gering anzusehen. Nach Daten unseres Institutes, also des IVDK (Informationsverbund Dermatologischer Kliniken) treten Parabene nur selten als Verursacher von Kontaktsensibilisierungen auf Kosmetika in Erscheinung.

Parabene standen verschiedentlich im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein, z.B. durch die diskutierte östrogene Wirkung. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat in entsprechenden Veröffentlichungen klargestellt, dass von Parabenen in Kosmetika bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Gesundheitsgefahr ausgeht. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Brustkrebs und Parabenen konnte bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen worden. Unbestritten ist aber, dass bestimmte Parabene eine gewisse hormonelle Aktivität haben. In Labortests und bei Tieren wurde eine hormonähnliche Wirkung für Parabene bewiesen, aber diese Aktivität ist Tausende bis Millionen Mal geringer als die Aktivität von natürlichen Hormonen. Ob diese Aktivität ausreicht, um das menschliche Hormonsystem negativ zu beeinflussen, hängt von der jeweiligen Aufnahmemenge durch die Haut in den Körper ab. Dass ein Stoff hormonell aktiv ist, bedeutet nämlich nicht automatisch, dass er schädlich sein muss.

haut.de: Gibt es aus Ihrer Sicht als Hautarzt Alternativen zu Parabenen in kosmetischen Produkten?

Prof. Geier: Sensibilisierungen gegen Parabene sind trotz ihrer weiten Verbreitung sehr selten; es werden nur sehr wenige allergische Reaktionen auf die zugelassenen Parabene beobachtet.

Beim Ersatz von Parabenen durch andere Konservierungsstoffe zeichnen sich allerdings weniger gute Erkenntnisse ab. Viele der anderen in Kosmetika eingesetzten Konservierungsstoffe haben ein weitaus höheres Sensibilisierungspotential. So z.B. wird gerade Methylisothiazolinon (MI) neu bewertet und für die Konservierung für Produkte, die auf der Haut verbleiben, verboten.

Dermatologen bestätigen die gute Hautverträglichkeit von Parabenen. Daher besteht aus meiner Sicht keine Veranlassung, Parabene gegen andere Konservierungsstoffe, die ein deutlich höheres Allergie-Potenzial besitzen, auszutauschen.

haut.de: Herzlichen Dank für das Gespräch!

Weiterführende Links:

Quelle: haut.de

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