Experten geben Rat: Sonnenschutz

Interview mit Dr. Herbert Grundhewer, Kinder- und Jugendarzt

Experten geben Rat: Sonnenschutz

Herr Dr. Grundhewer ist Kinder- und Jugendarzt und seit 1997 in einer Berliner Praxis für Kinder- und Jugendmedizin tätig. Er ist seit vielen Jahren Mitglied im Ausschuss für Prävention des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

haut.de: Herr Dr. Grundhewer, Sie sind praktizierender Kinderarzt und engagieren sich im Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Täglich sehen Sie mehrere kleine und größere Kinder mit ihren Eltern in Ihrer Praxis. Inwieweit hat das Handlungsfeld „Sonnenschutz“ dabei Bedeutung?

Dr. Grundhewer: Ja, das Thema Sonnenschutz hat bei uns sogar eine große Bedeutung. Einerseits weil das Thema Haut ein bedeutsamer Punkt im Rahmen der kinder- und jugendärztlichen Vorsorgeuntersuchungen ist, die von den Eltern mit den Kindern regelmäßig, also altersspezifisch, wahrgenommen werden. Darüber hinaus gibt es anlassbezogene Gelegenheiten, den Schutz vor UV-Strahlung mit Eltern und Kindern zu besprechen. Zum Beispiel, wenn die Familie eine Urlaubsreise plant, wenn aufgrund der Wetterlage mit besonders gravierenden Sonnenexpositionen zu rechnen ist. Aber auch wenn das Thema Sonnenschutz, wie das ja zunehmend der Fall ist, über Medien an die Menschen herangetragen wird, werden wir dazu befragt oder greifen das Thema im Patientengespräch auf.

haut.de: Wie ernst nehmen Eltern nach Ihrer Einschätzung den Sonnenschutz für Ihre Kinder? Ist das ein etabliertes Thema oder wird die Notwendigkeit des Sonnenschutzes eher vernachlässigt?

Dr. Grundhewer: Das kann man eigentlich nicht so pauschal sagen. Wie in vielen Bereichen des „gesunden Lebens“ oder der Frage nach präventiven Maßnahmen, also Ernährung, Bewegung und so weiter, gibt auch hinsichtlich des Sonnenschutzes Menschen, die den Umgang mit der Sonne sehr ernst nehmen und eben auch andere, für die dieses Thema weniger Bedeutung hat.

Wenn man berücksichtigt, dass auch eine Rötung der Haut eben schon als „Sonnenbrand“ zu diagnostizieren ist, bietet sich dieser Anlass insbesondere in den Sommermonaten doch recht häufig. Dann macht es dann nur wenig Sinn, sozusagen mit dem erhobenen Zeigefinger auf den UV-Schutz hinzuweisen und die entsprechenden Gefahren der Sonnenstrahlung zu benennen. Wir ergänzen dies dann mit Gespräch über konkrete Alltagssituationen der Patienten. Also dabei kann es darum gehen, ob die Familie einen Garten hat und ob dort auch schattige Plätze anzutreffen sind, oder ob gerne Wochenendausflüge unternommen werden und wie man dann in den Mittagsstunden mit der Sonne umgeht. Diese Einbeziehung der konkreten Lebenswelt ist nach meiner Auffassung sehr wichtig, weil dadurch Sonnenschutz dann praktisch wird. Ähnlich gute Effekte werden erzielt, wenn auch in Kindergarten und Schule der Sonnenschutz auch praktisch wird. Also im Freigelände zum Beispiel Sonnensegel oder andere Schattenspender zum Einsatz kommen und zusätzlich das Thema Sonnenschutz als ein Bestandteil der regelmäßigen Körperpflege zur Selbstverständlichkeit wird, eben wie das Zähneputzen oder Händewaschen auch.

haut.de: Wie sollten Ihrer Einschätzung nach Kleinkinder am besten vor der UV-Strahlung der Sonne geschützt werden?

Dr. Grundhewer: Die Haut von Kleinkindern ist etwas ganz Besonderes, sie ist noch recht dünn und sie merkt sich jeden Schaden. Diese außerordentliche Empfindlichkeit der Kinderhaut muss Eltern vermittelt werden. Denn damit wird klar, dass Kinder unter einem Lebensjahr überhaupt nicht der Sonnenstrahlung ausgesetzt sein sollten. Insgesamt sollte für Kinder, so bis ins Schulalter, die Regel gelten: Sonne meiden. Ausnahmen ergeben sich dann durch die normale Alltagsbeschäftigung genug, also Wege von der Schule, Ausflüge, Einkaufserledigungen mit den Eltern und so. Bei all diesen Aktivitäten ist aber eben an Sonnenschutz zu denken, also Kleidung mit langen Ärmeln und Hosenbeinen, Kopfbedeckung sowie Sonnenbrille und Sonnencreme. Die Kombination dieser Schutzvorkehrungen vor Sonnenbrand ist wichtig. Das gilt für Kinder, ebenso wie für Jugendliche und Erwachsene.

haut.de: Sie sind ja auch Facharzt für Jugendheilkunde. Gehen Jugendliche nach Ihrer Erfahrung eher „besonnen“ mit der Sonne um oder wird auf notwendigen Schutz vor Sonnenbrand eher verzichtet, weil „sonnengebräunte Haut“ immer noch bevorzugt wird?

Dr. Grundhewer: Den typischen, allgemeingültigen Umgang mit der Sonne gibt es nach meiner Erfahrung so nicht. Auch hier gibt es eben diejenigen, die sich den Sonnenschutz sehr zu Herzen nehmen und auf der anderen Seite welche, die sich mit diesem Thema kaum beschäftigen. Attraktives Aussehen, gesunde Ausstrahlung ist aber für viele Jugendliche ein bedeutsames Thema. Für manche ist das dann auch mit sonnengebräunter Haut verbunden. Ich habe meine Zweifel, ob es gelingen kann, diese Vorlieben, diese gesellschaftlichen Haltungen grundsätzlich zu ändern, also zukünftig „Blässe“ als attraktiv zu etablieren. Bei unseren jugendärztlichen Vorsorgeuntersuchungen werden Fragen der Haut und somit auch des UV-Schutzes angesprochen. Wenn wir den Jugendlichen verdeutlichen, dass nicht nur die Menschen zunehmend älter werden und nicht nur die Knochen, die Muskeln, sondern auch die Haut ein derart langes Leben eben aushalten muss, dann leitet sich durch das Thema Hautalterung, die ja durch UV-Strahlung deutlich beeinflusst wird, oft ein Nachdenken bei den Jugendlichen ein. Und die Vorstellung, wie die heute jugendliche Haut vielleicht in 60 Jahren aussehen könnte, verhilft dann zu einem behutsameren Umgang mit der Sonne.

Quelle: haut.de

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