Allergien
Hygienehypothese – Sauberkeit mit Nebenwirkungen
Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, viele Geschwister haben oder früh in den Kinderhort aufgenommen werden, bekommen seltener Allergien, also z.B. allergisches Asthma und Neurodermitis. Das haben Studien ergeben: Dabei scheint es wichtig zu sein, dass der Kontakt etwa zu Stall und Milch bereits vor dem ersten Geburtstag stattfindet und idealerweise mindestens fünf Jahre anhält. Auch in Ländern, in denen Infektionserkrankungen häufiger sind, gibt es weniger Allergien. Die Wissenschaft erklärt sich das folgendermaßen: In den Industrieländern mit ihren hohen Hygienestandards haben Kinder zu wenig Kontakt zu ungefährlichen Antigenen wie nicht krankmachenden Mikroben oder harmlosen Parasiten. Ihr Immunsystem hat nicht genug Gelegenheit, gefährlich von ungefährlich unterscheiden zu lernen oder ist gar unterbeschäftigt und sucht sich Ersatzgegner. Unsere sehr guten Hygienestandards haben also vermutlich „Nebenwirkungen“. Zu beachten ist aber auch: Frühe Infektionen, im Sinne von Infektionskrankheiten in den ersten sechs Lebensmonaten, erhöhen das Risiko, eine Erkrankung des atopischen Formenkreises zu bekommen. Forscher denken auch darüber nach, wie man Kindern den fehlenden Bauernhof oder die Großfamilie immunologisch ersetzten kann, um sie vor Allergien zu schützen. Sie wollen den Körper mit bestimmten Antigenen von Bakterien, Viren oder Pilzen gezielt in Kontakt bringen, um die Entwicklung des Immunsystems in die richtigen Bahnen zu lenken und so die Allergieneigung zu bremsen. Da niemand daran denkt, Kinder unnötig Infekten auszusetzen, suchen Forscher nach Bestandteilen von Krankheitserregern, die das Immunsystem durch eine Art Impfung trainieren könnten ohne krank zu machen. Eine dieser Substanzen ist das Endotoxin aus der Zellwand gramnegativer Bakterien, das man gehäuft in den Betten bayerischer Bauernhöfe gefunden hat. Ein zweiter Kandidat ist das Tuberkuloseantigen BCG, das in Japan im Tierexperiment erprobt wurde. Aus Ostdeutschland kommt die Vermutung, dass Spulwurm-Infektionen möglicherweise vor der Wende die Kinder in der damaligen DDR vor Allergien geschützt haben könnten. Entsprechende IgE-Antikörper gegen Ascaris waren dort nach dem Fall des eisernen Vorhangs sehr viel häufiger zu finden gewesen als im Westen, Allergien hingegen sehr viel seltener. In Studien geben Wissenschaftler Kindern mit hohem Risiko in den ersten Monaten nach der Geburt nun z.B. endotoxinhaltige Tropfen zur Allergie- und Asthma-Vorbeugung. Mit aussagekräftigen Ergebnissen solcher Studien wird allerdings erst in einigen Jahren gerechnet. Insgesamt ist die Hygiene-Hypothese differenziert zu betrachten. Weitere Untersuchungen sprechen dafür, dass es nicht so sehr auf die Menge der Mikroorganismen ankommt, mit denen ein Kleinkind in Kontakt kommt, sondern, dass es die „richtigen“ sein müssen. Britische Wissenschaftler etwa haben insbesondere Mikroben-Stämme im Visier, mit denen der Mensch seit Jahrtausenden symbiotisch zusammenlebt wie Laktobazillen, Mykobakterien und eine Reihe weiterer Mikroben. Nur in Kontakt mit diesen Mikroorganismen scheint das Immunsystem in der Lage zu sein, die Funktion und Zahl seiner T-Helferzellen richtig auszubilden und zu steuern. Andernfalls geht die Immuntoleranz verloren
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